von Birgit Schürmann
Ghosting: Verlierer auf beiden Seiten vermeiden
Wir blockieren sie auf Tinder, Facebook und Co. Wenn seine oder ihre Nummer auf dem Display erscheint, gehen wir nicht ran. Nachrichten beantworten wir selbstverständlich auch nicht. Wir stellen uns tot. Früher wie heute: In beiden Fällen tauchen wir nie wieder auf. Für die andere Person lösen wir uns in Luft auf. Wie ein Geist. Neudeutsch „Ghosting“.
Traumatisch für die andere Person? Mitunter ja.
Tot stellen rettet Tiere
Es gibt verängstigte Tiere, die sich tot stellen, um sich vor Räubern zu schützen. Für ihr Überleben ist die Schreckstarre lebensnotwendig.
Brauchen wir Menschen das Ghosting, um zu überleben?
Schützen wollen wir uns auch. Vor einem verletzten Gesichtsausdruck, vor Enttäuschung, Tränen, einer Konfrontation und verbalen Attacken. Jemanden zurückzuweisen fällt schwer. Wir haben Angst vor dem emotionalen Moment. Wollen keinen Stress haben, es uns leicht machen. Vielleicht finden wir nicht die richtigen Worte, wissen nicht, wie wir sagen sollen, dass uns irgendwas nicht passt, dass es nicht richtig rummms gemacht hat, dass es zwar ganz nett war, aber die Schmetterlinge im Bauch wegbleiben. Und dass wir denken, dass das Meer der Singles uns doch bestimmt noch was Besseres vor die Füße spült.
Klar, wir können uns davor drücken, ein klärendes Gespräch zu suchen. Es steht uns frei, uns klammheimlich vom Acker zu machen. Aber: Wir schwächen uns selbst, wenn wir uns nicht der Kommunikation stellen. Denn tief in uns wissen wir, es ist feige. Auch wenn wir versuchen, es uns schön zu reden: Ich hab den doch nur 3 Mal getroffen .....?!
Noch eine 13. Fee
Schade, wieder ein Mensch mehr, der uns alles Schlechte der Welt wünscht. Und den wir schwächen, möglicherweise in Selbstzweifel schubsen. Der sich durch unser Verhalten hilflos, ausgeliefert und wertlos fühlt. Weggeworfen. Bin ich noch nicht mal eine lieblose WhatsApp wert?
Was bedeutet es für uns, wenn wir andere Menschen wertlos behandeln? Jemanden, den wir ganz nah an uns heran gelassen haben?
Wenn wir ghosten, schwächen wir nicht nur unser Selbstwertgefühl, wir schwächen auch die Vielseitigkeit unserer Kommunikation. Wir berauben uns. Unserer eigenen kommunikativen Möglichkeiten und Mittel. Und deckeln unseren Mut.
Meine Meinung: Lassen Sie uns an schwierigen Gesprächen wachsen. Am respektvollen und würdevollen Umgang miteinander. Klärende Gespräche gehören zu unserem Leben. Zum persönlichen und beruflichen Alltag. Lassen Sie es uns aushalten, Absagen zu erteilen. Und lernen, großmütig die Reaktionen einzustecken.
"In einem Klima, in dem Mut honoriert wird, findet Feigheit seltener statt" (Hamburger Paartherapeut Eric Hermann)
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