von Birgit Schürmann
Frauen in Gehaltsverhandlungen: Wie Sie MEHR bekommen
Birgit: Frauen können gut mit Geld umgehen - wenn sie das Thema in die Hand nehmen. Oft tun sie es aber leider nicht, im Weg stehen ihnen die eigenen Glaubenssätze. Frauen verdienen weniger als Männer. Ein wesentlicher Grund: Sie treten in Gehaltsverhandlungen oft zu schüchtern, genügsam und zurückhaltend auf.
Viele Frauen kennen ihren Marktwert nicht. Dementsprechend sind sie auch nicht in der Lage, ihn zu kommunizieren und stehen im Schatten derer, die sich gut verkaufen können.
Liebe Natascha, Frauen und Finanzen – was ist das für eine Verbindung, wie gut funktioniert sie?
Wenn Frauen das Thema in die Hand nehmen, funktioniert die Verbindung Frauen und Finanzen sehr gut. Frauen gehen sehr gut mit Geld um. Anders vielleicht, als viele das von sich denken. Frauen sind sehr rational bei dem Thema, sie machen ihre Hausaufgaben, sie analysieren. Manchmal ein bisschen zu viel - aber lieber ein bisschen zu viel als zu wenig. Und dann ziehen sie es auch durch.
Finanzen gelten als Männerdomäne
Birgit: Warum nehmen Frauen das Thema Finanzen oft gar nicht erst in die Hand?
Das hängt viel mit unserer Sozialisierung und Erziehung zusammen. Glaubenssätze spielen hier eine wichtige Rolle: „Finanzen sind Männersache.“, „Ich bin nicht gut mit Geld und Finanzen“, „Ich war nie gut in Mathe“, „Das mit dem Geld macht mein Mann“.
Das ist wie Frauen und Bier – Finanzen gelten als Männerdomäne. Bei der Heirat oder beim Zusammenziehen gehen die Finanzen an den Mann über und keiner weiß eigentlich warum. Vielleicht war das bei den Eltern genauso. Bei den Großeltern existierten noch ganz andere Voraussetzungen. Meine Oma durfte ohne Erlaubnis des Mannes kein eigenes Konto haben. Sehr viel wird über Generationen weitergegeben.
Für meine Generation und hoffentlich auch die Nachfolgende - dafür arbeite ich ja - ist es nicht mehr so selbstverständlich, dass Finanzen eine Männersache sind. Sondern Frauen sagen: Hey, das ist mein Geld und ich will finanziell unabhängig sein, ich will mein Ding machen. Und dazu gehört auch, mich um mein Geld zu kümmern.
Frauen und Altersarmut
Birgit: Warum sind gerade Frauen von der Altersarmut betroffen?
Altersarmut hat für Frauen verschiedene Gründe. Zum einen die Teilzeitfalle: Wer weniger arbeitet, zahlt weniger in die Rentenkasse ein und bekommt am Ende weniger gesetzliche Rente. Ich habe zudem weniger Geld, um auch privat vorsorgen zu können. Wenn ich mich um die Kinder kümmere, werde ich dafür nicht bezahlt. Mein Partner oder meine Partnerin dagegen macht schön weiter Karriere und baut auch fürs Alter ein Vermögen auf.
Zum anderen der Gender Pay Gap = Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen. Wie gesagt, wenn ich weniger verdiene, zahle ich auch weniger ein. Und deswegen ist Altersarmut definitiv in erster Linie erst einmal weiblich.
Frauen verkaufen sich immer noch unter Wert
Birgit: Frauen verdienen häufig weniger als Männer. Ein Grund: Frauen treten bei Gehaltsverhandlungen zu schüchtern, genügsam oder zurückhaltend auf und verkaufen sich unter ihrem Wert. Männer dagegen bekommen tendenziell mehr Gehalt angeboten und verhandeln gleich auf einer anderen Ebene. Was können sich Frauen in Gehaltsverhandlungen von Männern abgucken?
Wichtig ist, dass Frauen sich nicht verstellen müssen. Wir machen gerne den Männer-Frauen-Vergleich, aber das bedeutet nicht, dass wir jetzt völlig unauthentisch wie ein Mann auftreten müssen. Es hat gar nicht so viel mit Männlichkeit zu tun. Es sind vielmehr verschiedene Techniken.
In meiner Community beobachte ich, dass es immer wieder die gleichen Themen sind: Sich unter Wert verkaufen. Nicht, dass Frauen sich schlecht verkaufen, sie verkaufen sich gar nicht. Es ist darum wichtig zu wissen, was mein Marktwert ist und was ich kann.
Ich empfehle, sich zu überlegen und einfach mal aufzuschreiben, welchen erheblichen Wert ich für dieses Unternehmen liefere. Und dann geht es darum, das auch zu zeigen. Während ich an meinem Schreibtisch sitze und tolle Arbeit mache, kommuniziert mein Kollege oder meine Kollegin, die vielleicht nicht so eine grandiose Arbeit abliefen, derweil jeden kleinen Fortschritt. Das wirkt für uns manchmal übertrieben, aber so läuft es.
Ich muss mich für mein Business auch zeigen und sichtbar machen, um meine Produkte zu verkaufen. Genauso muss jeder Angestellte sich verkaufen. Dazu gehört auch zu sagen: „Hey, das sind meine Ergebnisse!“ Dich entdeckt niemand, dich küsst niemand wach und bietet dir mehr Geld an.
Frauen sagen auch gerne: „Mein Team hat das erreicht“. Das ist nobel, aber nicht zielführend. Männer dagegen sagen: „Ich war das Zugpferd“. Hier können wir noch viel lernen.
Das Problem von Frauen ist, dass wir zwar sehr viel erreichen, es aber nicht kommunizieren. So werden wir bei Gehaltsverhandlungen übergangen. Dabei dürfen wir ruhig egoistisch sein. Wir liefern eine gute Arbeit und sollten dafür gerecht und angemessen bezahlt werden.
Schlussendlich ist es ein Selbstbewusstseinsthema: Den Selbstwert erkennen und selbstbewusst kommunizieren - das kann und muss man üben!
So gelingen Gehaltsverhandlungen
Birgit: Meiner Meinung ist es auch wichtig, in eine Gehaltsverhandlung spielerisch reinzugehen. So als würde ich gleich Monopoly spielen. Andererseits sollte jede Frau sehr genau wissen: Worin bin ich besonders gut, was zeichnet mich aus? Und auch: Mit welchem Gehalt will ich unbedingt aus der Verhandlung rausgehen, welches Resultat wäre für mich so gerade noch in Ordnung und was geht gar nicht.
Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, mir im Vorfeld erst mal alle meine Gedanken aufzuschreiben. Und dann die Formulierungen und Argumente "in den Mund zu bekommen". Damit meine ich: sie zu üben. Tatsächlich laut vor mir her sprechen: "XXX ist meine besondere Qualifikation, darin unterscheide ich mich von Kollegin XY." Und mir auch Argumente der Gegenseite auszumalen.
Was ich auch unbedingt empfehle: Auf jeden Fall sachlich und sehr freundlich zu bleiben. Nicht von der Sachebene zu rutschen. Manchmal ist während einer Verhandlung notwendig, Stille entstehen zu lassen und diese dann auch länger auszuhalten.
Wenn notwendig - auch als Druckmittel, zur Verstärkung. Pausen geben meinem Gegenüber Zeit, nachzudenken. Sie verleihen Forderungen den nötigen Nachdruck.
Liebe Natascha, reden Frauen sich öfter um Kopf und Kragen, weil sie keine Stille aushalten können?
Viel zu reden und lange Sätze zu bilden, ist eher ein Zeichen von Unsicherheit: Ich rede mal ganz viel, um ja keine Antwort bekommen zu können.
Mein Tipp sind kurze und prägnante Sätze und dann stehen lassen. Das verleiht meiner Aussage Raum. Je mehr ich drum herum rede, umso weniger kommt die Botschaft an. Es ist wie Marketing: Ich möchte ein Gehaltserhöhung von 20 %. Punkt.
Die, mit denen man die Verhandlung führt, sind ja ehrlicherweise auch nicht sonderlich geschult. Wenn man mit ein bisschen Vorbereitung in die Verhandlung geht, sich das kleine Einmaleins der Gehaltsverhandlung aneignet, dann ist man seinem Gegenüber oft schon einen Schritt voraus.
Wenn die Gehaltsverhandlung aus dem Ruder läuft
Birgit: Was empfiehlst Du, wenn eine Gehaltserhöhung nicht möglich ist?
Es ist gut, einen Plan B zu haben. Die beste Verhandlungsposition definiert sich über Alternativen.
Man kann ja auch noch andere Sachen verhandeln: Urlaubstage, Zusatzleistungen, Fitnessstudio, Weiterbildungen, Dienstwagen, die Abteilung wechseln… da kann man auch ein bisschen kreativ werden.
Man muss sich gar nicht immer so aufs Gehalt versteifen. Vielleicht gibt es andere Dinge, die einem auch Wertschätzung bedeuten würden und die einem erleichtern, für das Gehalt zu bleiben.
Birgit: Wie steht du zu Erpressungsversuchen? So wie: Wenn ich nicht mehr bekomme, dann sehen Sie mich von hinten!
Drohungen finde ich immer relativ wenig angebracht. Kommt natürlich auch drauf an, wer mir da gegenüber sitzt und was ich für eine Beziehung zu dem habe: Wie ist der mir gegenüber? Spielt der mit mir? Weiß ich, der ist gerade unfair zu mir?
Ich halte wenig davon im ersten Gespräch. Dann ist der andere schon in einer Defensivhaltung und Druck baut auch gerne Gegendruck auf.
Ich finde eigentlich immer: freundlich, bestimmt. Wenn man dann nicht übereinkommt, dann muss die Konsequenz ja sein, dass sich etwas ändern wird, ich mir was anderes suche oder dergleichen. Das kann man dann auch mitteilen: Okay, wir konnten uns leider nicht einigen. Heißt für mich, ich muss mich jetzt nach Alternativen umgucken, weil ich andere Ziele im Leben habe.
Meine positive Einstellung zum guten Gehalt
Birgit: Wie kann ich mir ein positives Mindset aufbauen, um sicher in eine Gehaltsverhandlung zu gehen?
Da sind wir wieder bei dem Thema Selbstbewusstsein und Glaubenssätze. Ich muss natürlich an meinen eigenen Wert glauben, bevor ich anderer von ihm überzeugen kann. An meiner eigenen Wahrnehmung zu arbeiten ist daher der allererste Schritt: Ich bin das wert. Es ist okay, viel Geld zu verdienen.
Wenn ich nicht sagen kann, ich will 100.000 € verdienen, dann kann ich es auch dem anderen nicht mitteilen. Das sind innere Blockaden, die vorab gelöst werden müssen. Es gilt, eine positive, effektive Einstellung zu Geld zu entwickeln, um dann auch mehr fordern zu können.
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