von Birgit Schürmann

7 fiese Rhetoriktricks: So kontern Sie richtig/ Teil 2

Wie meistern Sie Situationen, in denen Sie in der Öffentlichkeit verbal attackiert werden und alle Augen auf Sie und Ihre Reaktion gerichtet sind?

3. Attacken mit Watte verschlucken

Diese Kontermöglichkeit fängt selbst Rhetoriktricks mit hohem Ferkel-Faktor auf. Ich mag die schlagfertige Antwort sehr, sie ist vielen Situationen anwendbar. Woher hat die Methode ihren Namen? Was passiert, wenn man einen Ziegelstein in einen Container voller Watte wirft? Der Ziegelstein versinkt, federt vielleicht noch einmal nach und wird verschluckt. So funktioniert auch die Methode.

Stellen Sie sich vor, Sie leiten eine Moderation. Diese ist für einen Tag angesetzt. Das Unternehmen hat sie als Gast dazu gebeten und Ihnen wird erst jetzt gewahr: Die Wogen im Unternehmen schlagen hoch. Unausgesprochene Konflikte liegen in der Luft. Die Atmosphäre ist vergiftet.

Auch Sie bleiben nicht verschont.

Ein aufgebrachter Mitarbeiter hat Sie zu seiner Zielscheibe auserkoren und Sie bekommen vor versammelter Mannschaft zu hören: „Soviel geballte Inkompetenz habe ich selten erlebt!“. Womit reagieren Sie? Die Aussage steht im Raum. Alle Augen sind auf Sie gerichtet, denn der Schlag unter der Gürtellinie schreit förmlich nach einer Antwort...

Und sie erwidern entspannt: Okay. Und was ist Ihnen sonst noch aufgefallen?

Diese Antwort entschärft JEDE Situation. Ob Sie jemand im Verhandlungsgespräch, bei einem Meeting oder beim Gerangel um einen Parkplatz attackiert mit: „Sie sind ja eine komplette Null!“ oder: „Sie Totalversager!“.... „Okay. Und was ist Ihnen sonst noch aufgefallen?“ passt immer und lässt Sie in einem völlig anderen Licht da stehen. Diese Antwort schiebt Gespräche, die auf der Beziehungsebene gelandet sind, gleich auf die Sachebene zurück.

 

4. Manipulationen ignorieren und weitermachen

Die Wattebauschtechnik glänzt ja bereits durch Zurückhaltung. Ich will Ihnen noch eine zweite, ebenfalls zurückhaltende Methode beschreiben, die intuitiv von vielen genutzt wird.

Viele sind von so einer Bemerkung, wie ich sie gerade beschrieben habe, erst einmal total geplättet und stecken geschockt in ihrer Reaktion fest. Wer steckt schon locker eine massive Beleidigung weg?

Nehmen wir an, Sie halten eine Präsentation. Sie sind weiblich und Ihr Publikum vorwiegend männlich. Sie sind souverän im Thema, trotzdem läuft die Präsentation heute anders, als geplant. Eine Störung gibt der anderen die Klinke in die Hand. Sie versuchen, noch das Beste aus der Situation zu machen.

Einer der Zuhörer spielt auf seinem Handy und ruft auf einmal: Haben Sie zugenommen? Von wann ist denn Ihr Foto auf Facebook? Booooh, das sind ja mindestens 20 Kilo!!!!“.

Die Konzentration Ihrer Zuhörer ist dahin. Alle holen ihre Handys raus und wollen das Foto von Ihnen auch mal sehen....

Selbst wenn Sie sich für die Variante entscheiden, die Bemerkung zu ignorieren und einfach weiterzumachen, bleiben Sie nicht chancenlos, den Spieß zu Ihren Gunsten umzudrehen. Legen Sie eine Pause ein und sehen den besagten Zuhörer nachdenklich an. Nicht vorwurfsvoll. Nachdenklich. Lassen Sie Ihren nachdenklichen Blick eine Weile auf ihm ruhen.

Dann fragen Sie ihn trocken: „Sind Sie damit einverstanden, dass wir jetzt weitermachen?“ und machen mit einem betont konstruktiven Beitrag weiter.

 

5. Schluss mit lustig

Es gibt Gesprächssituationen, in denen wirklich alle Stricke reißen. Dann brauchen Sie ein Gespräch auch nicht unnötig aufrecht erhalten. Beispielsweise in Verhandlungsgesprächen, wenn man partout keinen gemeinsamen Nenner findet. Oder wenn sich jemand absolut unfair verhält und die Situation eskaliert.

Eine Pause im Gespräch oder auch zwischen dem aktuellen und nächsten Gespräch kann äußerst hilfreich sein. Wogen glätten sich und alle Beteiligten haben die Möglichkeit, in sich zu gehen.

Die Option, ein Gespräch abzubrechen, steht Ihnen immer offen! Das ist ein absolut legitimes Verhalten, in der Sie die Initiative behalten. Das bedeutet keine Niederlage, sondern es ist eine bewusste Entscheidung.

 

6. Mit Sturheit unerfreuliche Diskussionen beenden

Ich gebe zu, für die beiden folgenden Taktiken brauchen Sie ein Quäntchen Sturheit, aber wenn Sie diese an den Tag legen, sind die Methoden äußerst wirkungsvoll:

Stellen Sie sich vor, jemand feindet Sie während eines Meetings an. Oder auf einer Pressekonferenz stellt Ihnen ein Journalist unbequeme Fragen. Er bohrt und bohrt und spürt Ihre schwachen Stellen auf. Um unnütze Diskussionen schnell zu beenden, empfehle ich zwei Methoden, mit denen Sie Ihre Angreifer mit den eigenen Waffen schlagen:

 

1. Das-ist-ihre-Meinung-Methode

Ex-Kanzler Schröder wurde einmal von einem Journalisten in die Zange genommen: „Die Schwierigkeiten zwischen Ihnen und der Partei fangen doch erst an. Wenn Sie Realist sind, müssen Sie das zugeben.“

Schröder reagierte mit: „Das mag ihre Wahrheit sein, aber das ist nicht die Wahrheit! In Wirklichkeit sieht das Ganze so aus....“ und hat dann seine Sicht der Dinge erklärt, seine Wahrheit als Wahrheit verkauft. Dabei ließ er sich nicht unterbrechen und wandte sich am Ende sofort einem anderen Journalisten zu.

Er signalisierte damit: Sie stehen mit Ihrer Meinung, Ihrer Wahrheit allein da und ich durchschaue das. Sie wollen Ihre Feststellungen zu einer gemeingültige Wahrheit ummünzen.  

Attackiert Sie jemand im Meeting mit: „Sie haben doch keinen Überblick!“ oder „Das haben wir doch schon immer so gemacht, das hat super funktioniert, ich weiß gar nicht, was Sie wollen!“ erwidern Sie: „Das sehen Sie so!“ „Das ist Ihre Meinung, aber die Realität sieht ganz anders aus!“ oder „Das mag ja Ihr subjektiver Standpunkt sein, aber die Sachlage spricht ihre eigenen Sprache..“.

Auch dies sind universelle Antworten, die Ihnen in vielen Situationen helfen.

 

2. Dein-Problem-Methode

Passt auch: Auf „Sie halten sich wohl für einen Überflieger!“ geben Sie Kontra mit: „Sie finden, dass ich mich für einen Überflieger halte? Ich fürchte, das ist Ihr Problem!“

Je nach Kontext wirkt die Das-ist-Dein-Problem-Methode nicht unbedingt sympathiefördernd. Mit einem Lächeln lenken Sie die Attacke an sich vorbei und halten die Beziehung aufrecht.

 

7. Sich dumm stellen

Dann gibt es noch eine Methode, ich persönlich gern nutze, weil sie so einfach ist. Einerseits halte ich damit die Beziehung zu meinem Gegenüber aufrecht und ermögliche ihm, sein Gesicht zu wahren. Andererseits nehme ich aus der Manipulation den Druck heraus:

Nehmen wir an, Sie haben mit einem Ihrer Mitarbeiter vereinbart, dass er ihnen jeden Freitag eine Statusmeldung über den Stand seines Projektes schickt. Die ersten 3 Wochen hat er sich noch daran gehalten und geliefert. Dann wurde es ihm zuviel und er eröffnet Ihnen: Wenn es etwas Wichtiges gibt, melde ich mich bei Ihnen. Das gefällt Ihnen gar nicht.

Was tun? Den Versuch, mich dazu zu bringen, dass ich etwas tue, was ich eigentlich nicht tun will, interpretiere ich offiziell als kleines Missverständnis - ähnlich wie Detektiv Colombo, der stets verwirrt und schusselig tat und mit der Methode selbst die raffiniertesten Mordfälle löste.

Die Sich-dumm-stellen-Methode hilft Ihnen, wenn jemand Vereinbarungen nicht einhalten will oder Ihr Gesprächspartner, Ihre Gesprächspartnerin versucht, bei Ihnen ein schlechtes Gewissen zu erzeugen. Wenn er oder sie vom Thema ablenken will oder versucht, Sie zu überrumpeln.

Entgegnen Sie ihm: Eine Frage hätte ich da noch...vielleicht habe ich da etwas missverstanden...wir hatten doch für jeden Freitag einen Bericht vereinbart, oder? Sie hatten mir doch schon 3 Berichte geschickt? Das habe ich doch richtig im Kopf?

 

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