
von Birgit Schürmann
Kopfsache Verhandlungsgespräch - Franziska Brandt-Biesler zu Gast
Flirten ist Verhandlung
Birgit: Wenn man an Verhandlungsgespräche denkt, denkt man am zuerst an Gehaltsverhandlungen. Aber eigentlich verhandeln wir sehr oft - Kindern mit ihren Eltern, Eltern mit Kindern, Partner verhandeln untereinander und man könnte sagen: Flirten ist auch Verhandlungssache. Damit mein Gegenüber anbeißt, muss ich einiges in die Waagschale legen und umgekehrt. Wie siehst Du das?
Ich sehe das ganz genauso. Ich glaube, dass die meisten Menschen unterschätzen, wie oft sie verhandeln. Neben Gehaltsgesprächen fallen mir noch Vertragsverhandlungen und Preisverhandlungen ein. Das wird offiziell als Verhandlung gesehen. Ich glaube aber, dass wir immer dann verhandeln, wenn wir mit jemandem zusammen kommen, mit dem wir zunächst von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus auf eine gemeinsame Lösung kommen müssen.
Und wenn man das so sieht, dann fängt es schon bei der Verhandlung an, was es zum Frühstück gibt, was man am Wochenende gemeinsam unternimmt oder wo der Urlaub hingeht usw. Wenn wir jetzt noch die Verhandlung mit uns selber dazu zählen, wird es noch mehr. Und wenn wir die mal außen vor lassen, würde ich sagen: Jeder von uns verhandelt mehrmals am Tag.
Honorar ist Kopfsache
Birgit: Denken Menschen, die ein hohes Honorar fordern und das auch bekommen, anders über sich, als diejenigen, die sich mit wenig zufrieden geben? Ist das Honorar eine Kopfsache?
Definitiv! Ich gebe immer wieder Workshops für Trainer und Berater - also Menschen, die Honorar bekommen und da stelle ich immer genau das fest: Dass es gar nicht darum geht, wie gut jemand ist, sondern, was er über sich selber denkt, was er selber wert ist. Es gibt Leute, die sind gut, aber bestimmt nicht die allerallerbesten und trotzdem haben sie irrsinnige Honorare.
Und was ich aber noch viel mehr erlebe, sind Kollegen, von denen ich denke: Mensch, die haben so viel Erfahrung, die sind so gut und sie sind teilweise von ihrer Wirkung und ihrem Marketing her so gut aufgestellt - aber sie nehmen viel zu wenig Honorar. Das kann ja nur Kopfsache sein!
Gerade in solchen Branchen, in denen Honorare üblich sind, wo es um Expertise und Erfahrung geht und wo es darum geht, ist die Person die richtige, die für mich oder mein Unternehmen eine Beratung machen kann - da gibt es ja keinen richtigen Preis.
Wer bestimmt den Preis? Vor allem derjenige, der ihn ausspricht. Wenn man mehr Honorar haben will, dann muss man auch mehr fordern. Aber das muss man sich auch trauen. Glaub ich, dass ich das wert bin? Menschen in Beratungsjobs sind viel mehr wert, als sie denken.
Ein Preisnachlass kostet die Glaubwürdigkeit
Birgit: Wenn Du einen Preisnachlass einräumst, kostet Dich das Deine Glaubwürdigkeit?
Definitiv! Ich bin ein Feind von einfach-so-Preisnachlässen. Ich finde, jeder Preisnachlass muss sehr gut begründet sein und es ist oft schwierig, eine gute Begründung zu finden. Und noch besser: Ich gebe einen Preisnachlass nur dann, wenn ich eine Gegenleistung bekomme. Wenn mir mein Kunde zum Beispiel ganz viele Tage abkauft, dann können wir über einen Preis reden.
Ich verhandle mit meinen Kunden fast gar nicht mehr. Ich habe Streichposten und ganz bewusst Dinge drin, die ich sowieso nicht machen will. Die mache ich ganz teuer und dann sagen die Kunden ganz schnell: Ja, brauchen wir die unbedingt?
Wenn es ganz, ganz eng ist, dann drücke ich schon mal ein Auge zu. Dann reduziere ich aber nicht meine Tagessätze, sondern Nebenleistungen. Dann gibt es ein Vorbereitungsgespräch günstiger, aber der Kunde muss dann auch Federn lassen, indem wir das Gespräch nicht vor Ort machen, sondern nur am Telefon. Oder nicht mehr vier Stunden, sondern nur drei. Und so komme ich dann auch entgegen, aber mein Kunde muss auch etwas dafür tun - so halte ich meine Glaubwürdigkeit.
Die Frage ist ja: Wenn ich einfach so mit dem Preis nachgebe, wo kommt denn die Kohle her? Habe ich sie einkalkuliert? Hätte ich den Kunden beschissen, wenn er nicht gefragt hätte? Dieser Gedanke geht ja nicht mehr aus dem Kopf: Der Kunde lernt, er muss bei mir immer verhandeln, weil ja noch Luft drin ist. Das finde ich nicht glaubwürdig.
Fehler in der Verhandlung
Birgit: Welche Fehler kann ich noch bei einer Verhandlung machen?
Lass Dir Zeit! Entscheide nicht sofort! Die meisten Fehler in einer Preisverhandlung macht man, weil man überhastet antwortet. Ich habe viele Verhandlungen am Telefon. Ich habe in der Vergangenheit einmal den Fehler gemacht, sofort auf den Vorschlag eine Kunden zu antworten.
Ich empfehle immer: pessimistisch vertagen „Im Moment sehe ich keine Möglichkeit, aber ich mache mir Gedanken, ob mir irgendetwas einfällt. Wir telefonieren wieder“.
Und dann lege ich auf, mache mir auch wirklich Gedanken und dann fallen mir ganz kreative Dinge ein. Man darf sich auch vom Kunden nicht unter Druck setzen lassen, dass man sofort eine Antwort geben muss. Das entscheidet man immer selber. Wenn wir vor Ort verhandeln, kann ich sagen: Ich brauch jetzt mal eine Viertelstunde, ich muss jetzt noch mal kalkulieren. Oder ich kann sagen: Wir vertagen das Ergebnis, wir treffen uns noch mal. Das ist alles möglich und wenn es um viel Geld geht, sollte man das auch immer tun.
Das hat auch wieder etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun. Damit signalisiere ich, ich habe das hier nicht eingeplant.
Ein weiterer Tipp: Sich vorbereiten auf alles, was man noch rundum verhandeln kann. Besser Naturalrabatt geben - noch was extra, noch eine kleine Serviceleistung oben drauf, statt den Preis des Hauptproduktes kaputt zu machen. Sich vorher Schmerzgrenzen setzen. Wann steige ich aus der Verhandlung aus? Wie weit könnte ich gehen und wo höre ich vorher auf und sage ganz klar: Nee, tut mir leid, dann kommen wir nicht zusammen.
0 Kommentare