von Birgit Schürmann
Warum Metaphern in keiner Präsentation fehlen sollten
Lernen muss unter die Haut gehen
Gerald Hüther ist Neurobiologe. Er sagt: Damit im Gehirn etwas langfristig verankert werden kann, muss das, was man lernen will, unter die Haut gehen. Nur durch die Aktivierung emotionaler Zentren werden bestimmte Botenstoffe freigesetzt. Dadurch wird das Gelernte in Form von neuaufgebauten Netzwerken verankert. Die neuroplastischen Botenstoffe, die diese Umbauprozesse in Gang bringen, wirken wie Dünger im Hirn.
Emotionale Klebe
Was bedeutet das für unsere Vorträge? Zahlen, Daten und Fakten informieren nur. Damit sie für unsere Zuhörer lebendig werden und vor allem IN ERINNERUNG bleiben, braucht es einen emotionalen Klebstoff. Der Inhalt muss aufs Herz zielen.
Und wie wird’s emotional? Womit faszinieren Sie?
Erst einmal mit Ihrer Persönlichkeit,Ihrer Ausstrahlung, Präsenz und Kommunikation, Ihrer Sprache und Ihren Geschichten. Emotionen entstehen auch durch Bilder. Einerseits durch die Bilder Ihrer PowerPoint und andererseits Ihrer sprachlichen Bilder. Und damit landen wir ganz schnell bei den Metaphern.
Der US-Psychologe Ronald Riggio erforschte das Phänomen Charisma. Schnell war er bei Barack Obama und nahm natürlich auch die Wirkung seiner Reden unter die Lupe. Ergebnis: Barack Obama verwendet doppelt so viele Metaphern wie andere Redner und Rednerinnen.
Fußballmoderatoren setzten auf Metaphern
Auch Fußballmoderationen sind eine wahre Fundgrube für Metaphern. Viele Fussballmetaphern sind mittlerweile in unseren alltäglichen Sprachgebrauch eingezogen:
- Da muss Du aber am Ball bleiben
- Halt mal den Ball flach
- Sich gegenseitig die Bälle zuwerfen
- Ich hab nen Anpfiff kassiert
- Dem hab die rote Karte gezeigt
- Ich hab die Arschkarte gezogen.
Oder auch:
- Der Ball liegt jetzt bei bei der SPD
- Die SPD ist in Abseits geraten
- Die Entscheidung steht auf der Kippe, die SPD muss sich jetzt da durchboxen.
Wortbilder wecken Emotionen
Überall dort, wo man Emotionen auslösen will, wo man will, dass die Inhalte auch wirklich ankommen, findet man Metaphern. Nicht nur in Rede, Vortrag und Literatur, sondern auch in der Presse, den Medien und im Marketing:
- Die gelben Engel des ADAC
- Red Bull verleiht Flügel
Und in der Politik:
- Die Weichen für den Wechsel sind gestellt
- Die Finanzspritze
- Der eiserne Vorhang
1946 prägte Winston Churchill die politische Methapher Der eiserne Vorhang. Gemeint war der Konflikt zwischen den Westmächten und der damaligen Sowjetunion während der Zeit des kalten Krieges. Dabei ist der eiserne Vorhang eigentlich eine Brandschutzeinrichtung, vorgeschrieben für jedes größere Theater. Der eisernen Vorhang trennt die Bühne vom Zuschauerraum.
Wozu ist er da? Um das Publikum zu schützen und eine sichere Flucht zu ermöglichen, wenn auf der Bühne ein Brand ausbricht. Der Brandschutzeinrichtung stammt aus dem 19. Jahrhundert, als die Gasbeleuchtung noch gang und gäbe war.
Die dunkle Seite der Metaphern
Metapher sind so mächtig, dass sie - um zu manipulieren - als politisches Kampfmittel eingesetzt werden. Im 3. Reich nutzten die Nazis Metaphern, um vernichtende Emotionen zu aktivieren. Ihre Propaganda setzte eine perfide Maschinerie in Gang. Mit Tier- und Schädlingsmetaphern, wie: Ratten, Ungeziefer, Parasiten wurden die Juden abgewertet und entmenschlicht.
Die unterschwelligen Assoziationen zu Dreck und Ekel sollten dazu führen, dass die Zuhörenden mit körperlichen Widerwillen reagieren, und sich moralisch überlegen fühlen.
Liebe Leserinnen und Leser, Metaphern wirken ratzfatz. Die Wort-Schöpfungen schleichen sich am Rand unseres Verstandes vorbei und malen Bilder in unsere Köpfe. Dieses wunderbare rhetorische Stilmittel hat, wie grad beschrieben, neben seinen vielen Vorteilen auch Risiken in petto.
Hören Sie bitte bei politischen Metaphern genau hin. Wer ist es, der oder die Ihnen metaphorisch neue Sprachbilder im Kopf installieren möchte? Das Thema ist aktueller denn je.
Metaphern wirken, weil sie nicht passen
Wie werden Metaphern gebildet? Laut Wikipedia wird Der eigentliche Ausdruck durch etwas ersetzt, das deutlicher, anschaulicher oder sprachlich reicher sein soll.Zum Beispiel: die „Baumkrone“ statt “die Spitze des Baumes”. Manchmal ersetzten Metaphern bildhaft Bezeichnungen, die es in unserer Sprache nicht gibt: „Das Stuhl- oder Tischbein“ oder „der Flaschenhals“.
Bei einer Metapher wird eine Vorstellung, eine Bedeutung aus dem ursprünglichen Zusammenhang rausgenommen und in einem völlig anderen Kontext gesetzt. Unser Gehirn muss die ungewöhnliche Kombi verarbeiten und freut sich, wenn es das neues Bild kapiert. Das führt zu einem emotionalen AHA-Moment, der lange im Gedächtnis bleibt.
Neue Metaphern entstehen meist assoziativ und weil
- etwas ähnlich ist oder ähnlich aussieht, beispielsweise: Glimmstängel und Zigarette
- eine ähnliche Funktion hat, beispielsweise: das Tischbein. Ein Tisch steht auf Beinen, genauso wie wir Menschen.
- es ein ähnliches Gefühl hervorruft. Wenn Sie Ihre Steuer machen, dann fühlen Sie sich möglicherweise auch im „Im Würgegriff des Finanzamtes“.
Das macht den großen Reiz von Metaphern aus. Wie in einer Analogie können Sie Dinge in völlig neue Beziehungen zueinander bringen, die auf den ersten Blick überhaupt nicht zusammen passen. Das überrascht, verblüfft, amüsiert. Grad weil es nicht passt, führt es zu neuen Erkenntnissen.
Und: Eröffnet Ihnen einen Riesenpool an Möglichkeiten, originell zu wirken, Humor zu zeigen. Nehmen wir Metaphern wörtlich, wie beispielsweise: Sie hat mich in die Pfanne gehauen oder Die Kuh vom Eis kriegen oder Du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank dann ist es komisch, bedeutet Es bedeutet aber nicht, dass Ihr Küchenschrank leer ist, sondern die Birne hohl, die Person Stulle, also nicht so helle oder neben der Spur, also ein bisschen gaga.
Blasse und sterbende Metaphern
Metaphern können verblassen und Ihren Status als Metapher verlieren. Wann passiert das? Wenn Sie nicht mehr außergewöhnlich wirken, weil sie in unseren normalen Sprachgebrauch gewandert sind. Wie
- Katerfrühstück
- faule Ausrede
- gebrochenes Herz
Und: Metaphern können sogar das Zeitliche segnen und sterben.
- Der Handschuh
- Die Motorhaube
- Der Briefkopf
sind tote Metaphern. Sie wurden als Metaphern geboren, haben es aber den Weg ins Lexikon geschafft. Und damit ist dann Schluss mit lustig.
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